Das war die Social Media Kanzlei Konferenz 2013

Konferenzen und Tagungen für Anwälte gibt es viele. Jedoch habe ich bisher keine gesehen, die sich explizit (und ausschließlich) mit dem Thema Social Media Marketing beschäftigte.

Da ich aus meinen bisherigen Vorträgen und Workshops wusste, dass das Thema in der Anwaltschaft große Bedeutung genießt, war schnell der Gedanke geboren, eine eigene Konferenz, die Social Media Kanzlei Konferenz, durchzuführen.

Um ein möglichst breites Themenspektrum abzudecken, habe ich sieben weitere Referenten eingeladen, von denen viele in der Anwaltschaft ein hohes Ansehen genießen.

Zu meiner Freude haben sich alle angefragten Referenten sofort bereit erklärt, auf der Konferenz aufzutreten. Damit war die Speaker-Garde sichergestellt. Ach ja, zum Thema „Speaker“: Eine meiner Erkenntnisse aus dieser Konferenz ist, dass die mir aus der Online-Branche so vertraute Verwendung englischer Begriffe („Speaker“, „Slot“, „Location“, etc.) bei Anwälten eher unüblich ist und daher für Verwirrung sorgt. Eine Anwaltskonferenz ist eben keine Campixx :-).

Die Konferenz war fast hundert anwesenden Teilnehmern sehr gut besucht. Besonders erfreulich: die no-show-Rate (oder sagen wir besser die „Quote der angemeldeten, aber nicht erschienenen Teilnehmer“) war extrem gering, nur drei Teilnehmer konnten nicht auf der Liste abgehakt werden.

Los geht’s , Felix startet die #smkk13

— Christian Solmecke (@solmecke) September 4, 2013

Mein Einstieg: Social Media Marketing – die eierlegende Wollmilchsau für Anwälte?

Auf meiner eigenen Konferenz lasse ich es mir natürlich nicht nehmen, selbst auch einen kurzen Beitrag zu leisten. Neben einigen plakativen und durchaus diskussionswürdigen On- und Offline-Beispielen aus den USA ging ich auf ein einfaches Social Media Strategiemodell ein, das sich für Anwälte sehr gut eignet. Denn auch in Kanzleien sollten die Ziele definiert, die Zielgruppen identifiziert, die Kanäle und Inhalte festgelegt und Messungs- bzw. Controllingmöglichkeiten ausgearbeitet werden.

In der kürzlich veröffentlichten Studie zur Nutzung von Social Media-Instrumenten bei deutschen Anwälten zeigte sich deutlich: nur 8,6% der Kanzleien verfügen über eine Social Media Strategie. Gleichzeitig zeigen sich 67% eher oder sehr unzufrieden mit den Ergebnissen ihrer Bemühungen. Ob hier ein Zusammenhang besteht?

Ich hoffe, mein Beitrag trägt zu mehr Zufriedenheit bei.

Johanna Busmann – 10 Erfolgsbeispiele

Die bekannte Autorin und Beraterin Johanna Busmann zeigte in ihrer lebendigen Präsentation Beispiele von Kanzleien auf, die sich erfolgreich im Social Web positioniert haben. Ihre Botschaft dabei: Im Social Web muss der Mehrwert für den Mandanten im Vordergrund stehen.

Besonders interessant war das Beispiel einer Anwalts-Boutique, die sich auf Zahnärzte als Mandanten spezialisiert hatten. Statt penetrante Werbung zu schalten oder sonstige Akquise zu betreiben, bietet die Kanzlei Facebook-Seminare für Zahnärzte an und lädt dazu die aktuellen und potenziellen Mandaten ein. Diese erhalten einen kostenlosen oder kostengünstigen Workshop, der ihnen zeigt, wie sie über Facebook Kunden gewinnen können und worauf es dabei rechtlich zu achten gilt. Die Kanzlei versammelt die Mandanten in den Kanzleiräumen, bringt aktuelle und potenzielle Mandanten ins Gespräch und positioniert sich als Experte für die Rechtsberatung (nicht nur im Social Web). So geht Akquise heute!

Prof. Dr. Marion Halfmann – Worauf es bei einer Kanzleiwebsite ankommt

Eine Kanzlei ohne Website dürfte heute nur noch schwer zu finden sein. Aber mal ehrlich: wie viele Kanzleien haben sich fundierte (!) Gedanken gemacht, was es bei der Gestaltung und Befüllung der Seite zu beachten gilt. Wie oft fließen psychologische und wissenschaftlich erforschte Erkenntnisse in die Websiteerstellung ein? Das dürfte die absolute Ausnahme sein. In der Regel wird eben eine hübsch aussehende Website bestellt, die alle wichtigen Fakten zur Kanzlei enthält. Verkaufspsychologie spielt nur selten eine Rolle. Was Mandanten aber tatsächlich von einer Kanzleiwebsite erwarten, hat Prof. Dr. Halfmann an der Hochschule Rhein-Waal erforscht.

Dabei stellte sich heraus: Faktoren, die auf jeder Kanzleiwebsite zu finden sind (z.B. Bilder des Gebäudes oder eine ausführliche Kanzleihistorie sowie die Aufzählung von Rechtsgebieten) sind für Mandanten relativ unwichtig. Stattdessen wünschen sich diese eine transparente Honorargestaltung, Kompetenzbeweise in Form von Fachanwaltstiteln oder Zertifizierungen sowie Serviceverpflichtungen. Die am häufigsten genannten Kriterien bei der Auswahl eines Anwalts sind nämlich „Fachkompetenz“, „Zuverlässigkeit“; „Engagement“ und „Durchsetzungsstärke“. Das gilt es folglich auch auf der Website zu kommunizieren.

#smkk13 Prof Halfmann zu “Was assoziieren Menschen mit einem Anwalt”: teuer, Großverdiener, intelligent und humorlos. Ohne Kommentar

— Christian Solmecke (@solmecke) September 4, 2013

Die Studie untersuchte auch, welche Assoziationen potenzielle Mandanten mit Anwälten verbinden. Dass „Großverdiener“ oder „Humorlos“ offenbar häufig genannt wurden, sorgte im Saal für einige Lacher (was zumindest letztere Assoziation widerlegt).

Wow! Bereits zwei gute Vorträge bei Social Media für Rechtsanwälte. Jetzt geht es weiter mit facebook. #SMKK13 — Thorsten Schiller (@schillermedien) September 4, 2013

Michael Friedmann – Anwaltsmarketing auf Facebook

“Niemand mag Anwaltskanzleien, man mag ja auch keinen Proktologen” Michael Friedmann zu Kanzleien und Facebook #smkk13 — sarah (@sarah_nie_) September 4, 2013

Der in meinen Augen außergewöhnlichste Referent des Tages war RA Michael Friedmann, seines Zeichens Geschäftsführer von Plattformen wie 123recht.net oder frag-einen-anwalt.de. Mit nur fünf Powerpoint-Folien führte er durch seinen trocken-humorigen und hochprovokativen Vortrag.

Mit Thesen, die er sich nur als Anwalt erlauben kann, ohne vom wütenden Mob aus dem Saal gejagt zu werden, zeigte er, warum Social Media Marketing bei vielen Kanzleien nicht funktioniert. Zu langweilig, zu angstbeladen, zu kurzfristig seien die Bemühungen, so seine Behauptung. Auch hier bewiesen viele Lacher, dass er wohl häufig den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.

These: Anwälte denken kurzfristig und nicht strategisch #smkk13 pic.twitter.com/8EVvAm3Hqy

— Sascha Lienesch (@SaschaLienesch) September 4, 2013

Sein Plädoyer: mehr Mut. Und vor allem: Themen, die den Mandanten wirklich interessieren. Also keine Postings zum aktuellen Urteil, sondern stattdessen eine klare Stellungnahme zum Urteil. Was bedeutet das Urteil für den Mandanten? Warum ist das Urteil Quatsch oder gerechtfertigt? Solche Fragen bringen Leben in das Facebook-Marketing der Kanzleien.

Christian Tembrink – YouTube-Marketing für Kanzleien

Als nächster war Christian Tembrink von der Agentur netspirits GmbH & Co. KG an der Reihe. Christian ist Experte für YouTube-Marketing und betreut das Videomarketing diverser Anwälte. Dementsprechend praxisnah war auch sein Vortrag. Er zeigte, wie man heute noch recht schnell bei Google ranken und stark auffallen kann: Mit einem YouTube-Video. Mit etwas Geschickt lassen sich Top 10-Platzierungen in recht kurzer Zeit erreichen.

Aber auch als Werbemedium ist YouTube äußerst interessant für Anwälte. Bei Klickpreisen von oft nur wenigen Cent pro Klick ist YouTube-Werbung im Vergleich zu AdWords- oder Facebook-Advertising extrem günstig. Anwälte sollten YouTube also auf jeden Fall als Marketingkanal in Betracht ziehen. Worauf dabei zu achten ist, erfuhren die Anwälte vor Ort in einem amüsanten und lebendigen Vortrag voller Aha-Erlebnisse.

Prof. Niko Härting – Berufsrecht und Social Media Marketing

Was wäre eine Anwaltskonferenz ohne einen Rechtsvortrag. Diese zugegeben schwierige Aufgabe übernahm Prof. Niko Härting, Gründer der Kanzlei Härting Rechtsanwälte in Berlin. Er begann seinen Vortrag mit einem amüsanten Rückblick in die Geschichte des Berufsrechts. Man glaubt oft kaum, was Anwälten in der Vergangenheit alles verboten war.

Gleichzeitig verteidigte Prof. Härting das Berufsrecht als wichtigen Schutz der Anwaltschaft vor „gewissen“ Kollegen. Anwälte sollten sich aber nicht vom Berufsrecht abhalten lassen, intelligent und durchaus auch innovativ zu werben. Das Risiko sei in den meisten Fällen verhältnismäßig gering – und muss bei unternehmerischen Entscheidungen ohnehin eingeplant werden.

Berufsrecht schränkt Social Media Nutzung von Anwälten nicht ein – so Prof. Härting bei der Social Media Konferenz für Kanzleien #smkk13

— Susanne Krueger (@SusanneKrueger) September 4, 2013

Ilona Cosack – XING für Rechtsanwälte

Die nächste bekannte Expertin für Anwaltsmarketing war Ilona Cosack. Mir war Frau Cosack schon aus Zeiten meiner Diplomarbeit bekannt, in der ich sie mehrmals zitiert habe. Daher freute ich mich umso mehr, sie als Referentin auf meiner Konferenz begrüßen zu dürfen.

Ilona Cosack stellt XING als überaus interessanten und vielseitigen Marketingkanal für Anwälte vor. Die meisten XING-Nutzer wissen überhaupt nicht, welche versteckten Funktionen das Social Network eigentlich bietet. Bei richtigem Einsatz eignet sich XING durchaus auch als Kanal zur Gewinnung neuer Mitarbeiter, was besonders für größere Kanzleien interessant sein dürfte.

Ein Tipp der Expertin: Verknüpfen Sie XING mit anderen Social Media Kanälen, insbesondere Facebook und Twitter. So lassen sich drei Kanäle gleichzeitig mit relativ wenig Aufwand bespielen.

RA Christian Solmecke – Aus dem Nähkästchen geplaudert…

Als Keynote-Speaker konnte ich Christian Solmecke gewinnen. Der Medienanwalt aus Köln ist mit Sicherheit der „Social Media Star“ in der deutschen Anwaltschaft.

Mit 4,6 Millionen Videoaufrufen bei YouTube und unzähligen TV-Auftritten hat er sich in den letzten Jahren einen hervorragenden Ruf erworben.

Einblicke in sein Social Media Marketing hat er allerdings noch nie gegeben. Umso mehr freut es mich, dass er es nun exklusiv für die Social Media Kanzlei Konferenz tat.

“Damals, als ich noch selber Mandate bearbeitet habe…” @solmecke #smkk13 pic.twitter.com/3MWLM79lee

— dl (@levelev) September 4, 2013

Dabei hielt er mit nichts hinter dem Berg: Zahlen, Daten, Fakten aus der Kanzlei legte er schonungslos offen. Wie genau gehen sie im Social Media Marketing vor? Welche Kanäle bringen wieviel Umsatz? Und welche bringen weniger bis nichts? Er hatte mir im Vorfeld versprochen, offen zu sprechen, und das hat er getan. Nicht nur der Inhalt, sondern auch seine grandiose Vortragsart kamen bei den Teilnehmern hervorragend an: Bestnoten im Feedbackbogen für Christian Solmecke.

Genauere Inhalte seines Vortrags werde ich hier auf seine Bitte hin nicht verraten. Wer vor Ort war, hat sicher eine Menge gelernt, und wer nicht, darf sich jetzt ein wenig ärgern :-).

97% würden die Konferenz weiterempfehlen

Die Auswertung der Feedbackbögen zeigte, wie gut die Social Media Kanzlei Konferenz bei den Teilnehmern ankam. Fast alle würden die Konferenz weiterempfehlen. Sehr viele Rückmeldungen wünschten sich eine Wiederholung im nächsten Jahr. Die ersten Überlegungen dazu laufen schon…